Rechtsanwälte Adam, Gall-Stöckl und Zahn

Verfahrensbeistand - Anwalt des Kindes

In sorge- und umgangsrechtlichen Streitigkeiten soll das Familiengericht einen Verfahrensbeistand für das Kind bestellen (geregelt in §§ 158, 167, 174, 191 FamFG).

Bestellung

Der Verfahrensbeistand hat in dem Verfahren unabhängig von den Interessen der Eltern ausschließlich die Interessen der Kinder herauszufinden, wahrzunehmen und insbesondere den Willen des Kindes zur Geltung zu bringen. Dabei ist er formeller Verfahrensbeteiligter und kann gegen Entscheidungen des Familiengerichts selbst Rechtsmittel (Beschwerde) einlegen. Verfahrensrechtlich können die Eltern gegen die Bestellung eines Verfahrensbeistandes - und in der Regel auch gegen die Person des Verfahrensbeistandes - keine Rechtsmittel einlegen. Eltern haben daher keine Möglichkeiten, die Einsetzung eines Verfahrensbeistandes im Wege der Beschwerde anzugreifen und den Verfahrensbeistand aus dem Verfahren ausschließen zu lassen. Die Beiziehung eines Verfahrensbeistandes ist auch vollkommen unabhängig davon, ob das Jugendamt bereits aktiv geworden ist oder nicht.

Aufgabenkreis

Umgangssprachlich als "Anwalt des Kindes" bezeichnet, hat der Verfahrensbeistand die Aufgabe festzustellen, welche eigene Meinung oder Vorstellung das Kind im Hinblick auf das Umgangsrecht oder Sorgerecht hat. Er hat daher bei seiner Stellungnahme sowohl das subjektive Interesse des Kindes (Wille des Kindes) als auch das objektive Interesse des Kindes (Wohl des Kindes) einzubeziehen. Der Verfahrensbeistand hat auch zu prüfen, ob der durch das Kind geäußerte Wille authentisch ist, also tatsächlich den Wünschen des Kindes und nicht etwa Beeinflussungen eines Elternteils entspricht. Abschließend muss er prüfen, ob der Wille des Kindes - soweit es darauf ankommt - auch mit den objektiven Interessen des Kindes vereinbar ist. Dazu wird der Verfahrensbeistand in der Regel ein oder mehrere Gespräche mit dem Kind führen und ggf. auch mit Eltern oder anderen Bezugspersonen sprechen. Der Verfahrensbeistand wird nach den Gesprächen dem Gericht mündlich oder schriftlich berichten.

Exkurs

Ein landläufiger Irrtum ist zu glauben, dass Kinder ab einem bestimmten Alter selbst bestimmen dürfen, bei welchem Elternteil sie leben, ob sie Umgang mit dem anderen Elternteil haben wollen oder nicht, oder welcher der Eltern die elterliche Sorge innehaben darf. In umgangs- und sorgerechtlichen Streitigkeiten entscheidet das Gericht allein nach dem Kindeswohl. In diesen Verfahren sind Kinder ab einem gewissen Alter nach § 159 FamFG anzuhören. Diese Kindesanhörung dient dazu, dass sich das Gericht von dem betroffenen Kind einen Eindruck verschaffen kann und es soll dem Kind die Möglichkeit geben, seinen Willen zu äußern. Die Willensbildung des Kindes gewinnt mit zunehmendem Alter des Kindes an Bedeutung. Die Kindesanhörung sorgt dafür, dass das Kind verfahrensrechtlich nicht Objekt einer Entscheidung, sondern als Grundrechtsträger wahrgenommen wird und seine Grundrechte zum Ausdruck bringen kann. Auch wenn § 159 I FamFG die Anhörung von Kindern erst am dem 14. Lebensjahr vorschreibt, sind jüngere Kinder gemäß § 159 II FamFG anzuhören, wenn es auf die Neigung, Bindung oder den Willen des Kindes ankommt. Da Kinder ab 3 Jahre in der Lage sind, sich sprachlich zu äußern und mit ihnen unbekannten Dritten Kontakt aufzunehmen, sind auch sie ab diesem Altern in Kindschaftsverfahren grundsätzlich anzuhören (OLG München, Beschluss v. 20.10.2014 - 124 F 1383/14). Dies bedeutet nicht, dass dem Wunsch des Kindes dann auf jeden Fall entsprochen wird; aber regelmäßig jedoch dann, wenn dieser Wille des Kindes auch mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Allein bestimmen kann das Kind zwar nicht, ab 14 Jahren hat aber sein Wort schon ein erhebliches Gewicht bei der Entscheidungsfindung des Gerichts. Unserer Erfahrung nach neigen die Familiengerichte dazu, die Sicht des Verfahrensbeistandes als Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung zu nehmen oder aber auf dieser Basis Einigungsgespräche mit den Eltern zu führen. Wir raten den Eltern grundsätzlich dazu, mit dem Verfahrensbeistand zusammenzuarbeiten und zu kooperieren und diesem auch die eigenen Vorstellungen und gegebenenfalls Probleme oder Ängste mitzuteilen.

Praxis-Tipps

Stellungnahmen des Verfahrensbeistandes sind für eine Entscheidungsfindung des Gerichts von erheblicher Bedeutung. Daher dürfen und sollen Sie auch selbst aktiv das Gespräch mit dem Verfahrensbeistand suchen. Haben Sie dabei aber stets die eigentliche Aufgabe des Verfahrensbeistandes im Hinterkopf. Wie stets rund um das Sorge- und Umgangsrecht gilt: Täter und Opfer / Gut und Böse - gibt es praktisch nicht und ist auch nicht von Interesse oder Bedeutung. Auch nicht für den Verfahrensbeistand. Ein einmal bestellter Verfahrensbeistand ist in der Regel für alle - auch weiteren - Verfahren, dies das Kind betreffen zuständig. Eine wirkliche Alternative zur Kooperation mit dem Verfahrensbeistand gibt es nicht. Es ist nahezu unmöglich einen Verfahrensbeistand abzulehnen oder ersetzen zu lassen. Versuche ohne eine absolut stichhaltige Begründung (Verwandtschaft mit einer Partei, körperlicher Angriff gegen ein Elternteil oder vergleichbares) fallen in der Regel sogar negativ auf den jeweiligen Elternteil zurück, der einen solchen Versuch unternimmt.

  • Zurück